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Gesellschaftliche Voraussetzungen freiheitlicher Ordnung. Über Böckenfördes Diktum und die ideologischen Herausforderungen in Zeiten von Islamismus und Populismus

Oliver W. Lembcke, Bart van Klink

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Abstract


Zusammenfassung

Aus dem Jahr 1967 stammt das Diktum von Ernst-Wolfgang Böckenförde. Mit diesem Diktum lassen sich die zentralen Fragen nach den Bedingungen der Konstitution und Regeneration einer solchen Ordnung aufwerfen, deren Antworten gerade unter den Bedingungen gesellschaftlicher Pluralität alles andere als selbstverständlich sind. In diesem Beitrag werden die vorpolitischen Voraussetzungen einer freiheitlichen Ordnung vor dem Hintergrund populistischer und islamistischer Herausforderungen thematisiert. Eine maßgebliche Inspiration liefert dafür Böckenfördes Hinweis auf das ‚Ethos der Gesetzlichkeit‘, dessen motivationaler Gehalt in dreifacher Weise konkretisiert wird: Erstens durch das Vertrauen in das Recht und die institutionelle Ausgestaltung des demokratischen Verfassungsstaates; zweitens durch den Respekt vor der internen Moralität des Rechts, die ihren Ausdruck in der formalen Qualität findet (Oakeshott); drittens schließlich durch die Zurückhaltung in der Bestimmung dessen, was die menschliche Natur sowie das bürgerliche Zusammenleben ausmacht (Durkheim). Ungeachtet ihrer narrativen Kraft weisen Ideologien sowohl populistischer als auch islamistischer Provenienz erhebliche Defizite in diesen drei Bereichen auf, besitzen sie doch weder eine gehaltvolle Vorstellung vom Recht noch von den konstitutionellen Bedingungen des demokratischen Prozesses. Stattdessen finden sich eben jene Einheitsimaginationen von Staat und Gesellschaft, die eine republikanische Ordnung nachhaltig in Frage stellen und die überdies ein Bild vom Menschen in Anspruch nehmen, das viel zu konkret und unmittelbar mit den Idealen der Ideologien verbunden ist.

Schlüsselwörter: Rechtsstaat, Demokratie, Populismus, Islamismus, Ideologie, Konstitutionalismus, Reziprozität, Souveränität, Pluralismus, Ethos der Gesetzlichkeit, Böckenförde, Durkheim, Lefort, Oakeshott, Ricoeur

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Abstract

In 1967 Böckenförde stated his well-known dictum. The dictum raises important questions about how a state committed to freedom can constitute and regenerate itself without sacrificing its dedication to liberty and pluralism. In our contribution, we explore the pre-political conditions of the liberal, secularized state against the background of the current rise of populism and Islamic fundamentalism. Building on Böckenförde’s notion of an ‘ethos of legality’, we identify three motivational factors contributing to the republic’s existence and regeneration through time: first, trust in the rule of law and its institutions; second, respect for the internal morality of law, that is the law’s formal qualities (Oakeshott); and, finally, restraint in the determination of what constitutes human nature so that citizens can follow their own life plan (Durkheim). Despite their forceful narratives, populism and Islamic fundamentalism fall short on these three motivational factors. Both ideologies reject the rule of law and its form and its institutions. Moreover, they intend to occupy the place of power permanently and posit a specific ideal type of man (the ordinary man or the holy fighter respectively).

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Bibliographie: Lembcke, Oliver W./van Klink, Bart: Gesellschaftliche Voraussetzungen freiheitlicher Ordnung. Über Böckenfördes Diktum und die ideologischen Herausforderungen in Zeiten von Islamismus und Populismus, ZPTh, 2-2017, S. 215-232. https://doi.org/10.3224/zpth.v8i2.06


Literaturhinweise