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Der Entwicklung trotzen. Ein Megastaudammprojekt im Nordsudan und der lokale Widerstand gegen Vertreibungen

Valerie Hänsch

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Abstract


Zusammenfassung

Eingebettet in die neue Welle an großen Staudammprojekten in Afrika befasst sich der Beitrag mit dem Bau des Merowe-Staudamms im Nordsudan und der Organisation einer lokalen Widerstandsbewegung in den Peripherien des Niltals gegen Vertreibungen in staatlich verwaltete Umsiedlungsgebiete. Basierend auf ethnologischer Langzeitforschung analysiere ich den bäuerlichen Kampf um Selbstbestimmung, der sich in einer sozialen Vision des Bleibens um den künftigen Stausee ausdrückte und die staatliche Rechtfertigung der „Umsiedlung als Zivilisierung“ herausforderte. Ich argumentiere, dass Staudammprojekte „offene Momente“ produzieren, in denen sich Machtbeziehungen zwischen Staat und Gesellschaft re-konfigurieren sowie Brüche und neue Beziehungen zwischen lokalen und regionalen Akteuren entstehen. In der Auseinandersetzung mit despotischen Formen staatlicher Herrschaft entwickelte sich lokal eine provisorische autonome Zone, die staatsähnliche Verwaltungscharakteristika besaß. Die Dynamik, Kontingenzen und Unvorhersehbarkeiten politischer Prozesse stellen vorherrschende Planungsparadigmen, die darauf abzielen, Umsiedlungsprozesse zu optimieren, und diese dabei entpolitisieren, in Frage.

Schlagwörter: Vertreibung, Merowe-Staudamm, Sudan, Manasir, Widerstand, Entwicklung, Nil

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Defying Development. A Mega-Dam Project in Northern Sudan and Local Resistance against Displacement

Abstract

In the context of the new wave of large dam projects in Africa, this article deals with the construction of the Merowe Dam in Northern Sudan and the organisation of a local resistance movement against displacement into state-administered resettlement areas. Based on long-term ethnographic research, I analyse the struggle of peasants for self-determination, which is refl ected in a social vision of staying around the future reservoir and challenges the state’s justification of “resettlement as civilization”. I argue that dam projects produce “open moments” (Lund 1998) in which power relations between state and society reconfigure, and new relations emerge between local and regional actors. During the confrontation with despotic forms of state rule, a provisional autonomous zone developed locally with state-like administrative characteristics. The dynamics, contingencies, and unpredictability of political processes call into question prevailing planning paradigms that aim to optimize and depoliticize resettlement processes.

Keywords: displacement, Sudan, Merowe Dam Project, Manasir, resistance, development, Nile

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Bibliographie: Hänsch, Valerie: Der Entwicklung trotzen. Ein Megastaudammprojekt im Nordsudan und der lokale Widerstand gegen Vertreibungen, PERIPHERIE – Politik • Ökonomie • Kultur, 2-2019, S.216-243. 
https://doi.org/10.3224/peripherie.v39i2.05


Literaturhinweise