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Die neue Sichtbarkeit. Ziviler Ungehorsam zweiter Stufe

Carina Pape

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Abstract


Zusammenfassung

Ziviler Ungehorsam ist ein bedeutendes demokratisches Instrument. Habermas zufolge muss er in der Schwebe zwischen Legalität und Illegalität bleiben, um im demokratischen Legitimierungsprozess seine transformative Kraft zu behalten. Da „neue Formen politischer Vergemeinschaftung mit den hergebrachten Kategorien einzelstaatlicher Demokratie nicht zu greifen sind“ (Niesen u.a.), bietet das Konzept des zivilen Ungehorsams eine Alternative. Gerade das Spannungsverhältnis von Legalität und Legitimität ermöglicht es, bestimmte Aktionen von geflüchteten und flüchtenden Menschen als zivilen Ungehorsam zu beschreiben. Hinzu kommt die ‚neue Sichtbarkeit‘ flüchtender Menschen, das bewusste Sich-Wenden an die Öffentlichkeit. Sofern wir nicht die rechtlich anerkannte Teilhabe an der Gesellschaft im Sinne der Staatsbürgerschaft einer Person als bedeutsam werten, sondern die Teilhabe an der Gesellschaft aufgrund der Anerkennung dieser (annähernd gerechten) Gesellschaft durch die Person, gibt es keinen Grund, den (noch) nicht Eingebürgerten das ‚Recht‘ auf zivilen Ungehorsam abzusprechen. Der Vorzug dieses zivilen Ungehorsams zweiter Stufe – eines weltbürgerlichen Ungehorsams – liegt darin, dass er eine aus der Praxis heraus gewachsene Form grenzüberschreitender zivilgesellschaftlicher Partizipation darstellt, die in eben dieser Praxis Wirkung zeigt.

Schlagwörter: Ziviler Ungehorsam, Flüchtling, Werte, Habermas, Arendt, Rawls, Normativität

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The New Visibility. Second-Order Civil Disobedience

Abstract

This paper focuses on the civil disobedience of refugees and the creation of new forms of political communities, Civil disobedience is an important part of democracy. According to Habermas, civil disobedience has to stay in suspense between legality and illegality in order to keep its transformative power. As new forms of political community formation cannot be promoted within conventional ideas of national democracies (e.g. Niesen), the concept of civil disobedience may be more appropriate. Especially due to their new visibility, the tension between legality and legitimacy allows us to describe refugees’ actions as civil disobedience. If we do not judge a person’s legally acknowledged participation (citizenship) as decisive, but the participation in form of the acknowledgement of that (nearly just) society through the person, there is no reason to deny the refugees the “right” to civil disobedience. The plus of this civil disobedience of a second order – a cosmopolitan disobedience – is that it has developed from practice. It is a transboundary form of civilian participation, which simply works.

Keywords: Civil disobedience, refugee, values, Habermas, Arendt, Rawls, normativity

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Bibliographie: Pape, Carina: Die neue Sichtbarkeit. Ziviler Ungehorsam zweiter Stufe, PERIPHERIE, 3-2017, S. 449-468. https://doi.org/10.3224/peripherie.v37i3.04


Literaturhinweise