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Plurale Perspektiven auf die Postdemokratie

Dagmar Comtesse, Katrin Meyer

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Abstract


Zusammenfassung

Postdemokratie dient in der zeitgenössischen Debatte als kritisch-zeitdiagnostisches Konzept, um den gegenwärtigen Zustand westlicher Demokratien in seiner Verfallstendenz zu umreißen. Demokratie und Postdemokratie werden entsprechend als dichotomische Phänomene gefasst, deren Verhältnis jenem von Ideal und Wirklichkeit entspricht. Dagegen argumentieren die Verfasserinnen für ein Verständnis von Postdemokratie aus poststrukturalistischer und postmarxistischer Sicht, das dieses enger mit den systematischen Problemen des modernen Modells der liberalen, repräsentativen Demokratie in Verbindung bringt. Postdemokratie wird als Begriff für eine gegenwärtige Praxis gefasst, in der im Namen der Demokratie demokratische Auseinandersetzungen um eine egalitäre Teilhabe an der Macht verunmöglicht werden. Diese Begriffsbestimmung stützt sich einerseits auf Jacques Rancières Verständnis von Postdemokratie als ‚konsensueller Demokratie‘, das aufzeigt, inwiefern sich zeitgenössische Demokratien dem politischen Streit verschließen, und sie nimmt andererseits auf Wendy Browns Analysen zur ‚Genealogie‘ der modernen Demokratie Bezug, die deutlich machen, inwiefern die gegenwärtigen westlichen Demokratien ihre eigene Aushöhlung durch liberale Wissens- und Subjektivierungsmächte vorantreiben.

Schlüsselwörter: Demokratie, Postdemokratie, Gleichheit, Macht, Poststrukturalismus, Postmarxismus, Jacques Rancière, Wendy Brown

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Abstract

In current debates the term post-democracy is used as a critical and diagnostic concept to describe the present disintegration of Western democracies. Accordingly, democracy and post-democracy are understood as dichotomised phenomena which relate to each other like an ideal and reality. In contrast to this use of the term of post-democracy the authors of this paper argue for post-structural and post-Marxist perspectives which connect post-democracy with the systematic problems of the liberal model of democracy. On this view, post-democracy comes to stand for a present practice which – in the name of democracy – makes democratic struggles for equal participation impossible. On the one hand, such an understanding of the term is supported by Jacques Rancière’s use of post-democracy as ‘consensual democracyʼ, which demonstrates how present democracies tend to exclude political conflicts. On the other hand, this understanding is in line with Wendy Brown’s analysis of the ‘genealogyʼ of modern democracy, which highlights the undermining of present Western democracies by liberal powers of subjectivation.


Literaturhinweise