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„Dadurch, dass wir Mädchen sind, war die Erwartung von allen viel größer.“ Geschlechtsspezifische Besonderheiten der informellen Pflege

Sarah Brügger, Laura Perler, Adrienne Jaquier, Beat Sottas

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Abstract


Zusammenfassung

Die informelle Pflege und Betreuung von Menschen am Lebensende ist ein Bereich, der auf vielfältige Weise geprägt ist von geschlechtsspezifischen Vorstellungen, Zuschreibungen und Normen. Der vorliegende Beitrag geht auf der Grundlage einer aktuellen Studie zu den Erfahrungen, Bedürfnissen, Sorgen und Ressourcen pflegender Angehöriger der Frage nach, inwiefern geschlechtsspezifische Zuschreibungen die Erfahrungen pflegender Frauen und Männer beeinflussen. Dabei wird deutlich, dass pflegende Männer gemäß der bis heute dominierenden klassischen Rollenverteilung zwar seltener sind, gleichzeitig aber auch mehr Anerkennung und Unterstützung erhalten – nicht zuletzt von den Fachpersonen des Gesundheitswesens. Während in ihren Narrativen die Übernahme der als weiblich konnotierten pflegerischen Handlungen viel stärker thematisiert wird als bei den Frauen, betonen diese vielmehr die „Natürlichkeit“ ihrer Tätigkeit, stehen damit aber auch unter einem viel größeren Druck. Die informelle Pflege am Lebensende ist für die Pfl egenden – Männer wie Frauen – mit hohen Belastungen verbunden. Weil diese Belastungen aber unterschiedlich erlebt werden, ist ein Bewusstsein für die machtvollen Zuschreibungen und Geschlechterbilder, die sich in Normen und Handlungen perpetuieren, unabdingbar für eine gendergerechte Politik und Praxis.

Schlüsselwörter: Care, pflegende Angehörige, Lebensende, Rollenverteilung, Geschlechterzuschreibungen

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“Because we are girls, everybody had much higher expectations.” Gender aspects of informal care at the end of life

Summary

Informal care at the end of life is in many ways shaped by gender-specific concepts, ascriptions and norms. On the basis of a recent study into the experiences, needs, concerns and resources of informal caregivers, the article addresses the question of how gender ascriptions influence the experiences of male and female informal caregivers providing care at the end of a person’s life. On the one hand, given the still dominant traditional division of labour between men and women, only few men provide informal care at home. On the other hand, men who care for relatives get more recognition and support than female care givers – not least from health care professionals. While in the narratives of male informal caregivers the taking over of nursing tasks which are typically seen as feminine is an important subject, female informal caregivers tend to emphasize the “naturalness” of their activities, leading them to experience much more (internal and external) pressure than men do. Informal care entails high levels of stress for both male and female caregivers. Because this stress is experienced differently according to gender, awareness of the powerful gender ascriptions which are perpetuated in norms and actions is essential when it comes to gender-sensitive policy and practice.

Keywords: care, informal caregiver, end of life, division of labour, gender ascriptions

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Bibliographie: Brügger, Sarah/Perler, Laura/Jaquier, Adrienne/Sottas, Beat: „Dadurch, dass wir Mädchen sind, war die Erwartung von allen viel größer.“ Geschlechtsspezifische Besonderheiten der informellen Pflege, GENDER, 2-2015, S. 113-129. https://doi.org/10.3224/gender.v7i2.19316


Literaturhinweise