„Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können und müssen kaum Gleichstellungsmaßnahmen durchführen“. Aussagen und Projekte im Umsetzungsprozess des Schweizer Gleichstellungsgesetzes (GlG) und dessen Folgen

Lucia M. Lanfranconi

Abstract


Zusammenfassung

Dieser Beitrag beleuchtet die Komplexität des Rechtsumsetzungsprozess des schweizerischen Gleichstellungsgesetzes (GlG) im Zeitraum von 1996 bis 2011. Die Analyse basiert auf einer Diskursanalyse von Interviews mit am Umsetzungsprozess beteiligten Personen und aus dem Prozess hervorgegangenen Praktiken, Maßnahmen und Dokumenten. Die Resultate zeigen, dass in diesem Prozess Unterschiede geschaffen werden zwischen Großunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Insbesondere die politischen VertreterInnen der Arbeitgebenden sind der Meinung, dass die Durchführung von Gleichstellungsprojekten in KMU weder notwendig noch möglich sei. Fast alle interviewten Personen sind sich einig, dass KMU höchstens die freiwillige Teilnahme an kleinen, kostengünstigen Gleichstellungsprojekten mit einem Nutzen für die Betriebe nahe gelegt werden kann. Es zeigt sich, dass in der Schweiz tatsächlich nur wenige Gleichstellungsprojekte (kleine) KMU adressieren und wenn dann meist beschränkt auf die Thematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vor dem Hintergrund der großen Relevanz der KMU in der Schweiz wird gefolgert, dass die Herstellung von tatsächlicher Gleichstellung in diesem Rechtsumsetzungsprozess behindert wird und Handlungsbedarf für mehr und verbindlichere Gleichstellungsmaßnahmen für (kleine) KMU in der Schweiz besteht.

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„Small and medium-sized enterprises hardly have to implement equality measures” – Statements and projects with regards to the implementation of the Swiss Equality law and their consequences

Abstract

In this paper the complexity of the implementation process of the Swiss equality law is examined between 1996 and 2011. The analysis is based on a discourse analysis of interviews with actors involved in the implementing process as well as on practices, measures and documents resulting from the process. The outcomes illustrate that distinctions between large and small and medium-sized enterprises (SME) are produced as part of the process. The political representatives of the employers claim that gender equality projects are neither necessary nor feasible in SME. Nearly all interviewed persons agree that the only measure SME can adopt is the voluntary participation in inexpensive equality projects of limited scope and direct benefits for the companies. Indeed, in Switzerland few gender equality projects address (small) SME; those who do so are mostly limited to the reconciliation of work and family life. Given the high relevance of SMEs in Switzerland, the paper comes to the conclusion that the enforcement of de facto gender equality is hampered in the implementing process. Therefore, more and binding gender equality measures for (small) SME are required in Switzerland.


Literaturhinweise